CARNAVAL

Der Wahnsinn. alias: Fasching in Bolivien

Um einmal ganz von vorne anzufangen mit den bolivianischen Karnevalstraditionen ist es zu allererst schon einmal so, dass hier in Bolivien zwei Tage "feriado" - frei sind.

Und zwar der Faschingsmontag UND -dienstag! Also es ist wohl erlaubt zu behaupten, dass Fasching in Bolivien "ein ziemlich großes Ding" ist.

 

 

 

 

Carnaval beim mañana de los niños

Samstag morgen hatten wir schon Angst, dass unser kleines Karnevalfest, welches wir für die Kinder geplant hatten sprichwörtlich ins Wasser fallen würde. Wie uns schon vielfach im Vorfeld mitgeteilt worden war, spielt Wasser - und das großzügige Verteilen davon auf sich und seine Mitmenschen - eine sehr große Rolle bei bolivianischen Faschingsveranstaltungen. Glücklicherweise machte uns das Schlechtwetter dann doch keinen Strich durch die Rechnung und als einige Kinder eingetrudelt waren, bastelten wir zu allererst gemeinsam schicke Masken, mit welchen es danach abging in die "Disco".

Wir tanzten mit Pipocas und Refresco (Popcorn und Erfrischungsgetränken) und zwar so lange, bis die Kinder es nicht mehr erwarten konnten, endlich der Hauptattraktion nachzugehen, nämlich sich von oben bis unten pitsche patsche nass zu machen. Ein bisschen spannten wir sie noch auf die Folter, da wir noch einige Spiele spielten, bevor wir endlich nachgaben und die Wasserbomben ausgepackt wurden. Die ganze Angelegenheit endete wie geplant relativ nass für alle Beteiligten und so konnten wir dieses Faschingsfest schonmal als vollen Erfolg verbuchen!

El Corso - die Parade

Wir hatten schon sehr viel gehört.

Von "es muy sucio" - es ist sehr dreckig über "se mochan" sie machen sich nass bis hin zu "hay espuma.. y pintura!" es gibt Schaum... und Farbe! war alles dabei, doch was uns dann Samstag abend beim "corso", der Faschingsparade, wirklich erwartete hatten wir uns im Leben nicht erwartet.

 

Wir besuchten die Parade gemeinsam mit der Jugendgruppe. Das Spektakel fand beim Cambodromo statt, einem "Park" der glücklicherweise nicht allzu weit vom Haus des Segens entfernt ist.

 Nachdem wir endlich eine Micro gefunden hatten, in der noch genügend Platz war, uns hineingequetscht und bis zum Kambodromo gefahren waren, erwartete uns eine riesengroße Menschenmenge und - in deren Mitte - riesengroße Wägen, wunderschöne Kostüme, eine Parade wie wir noch nie eine gesehen hatten!

Doch was uns von der schönen, kunstvollen Parade ein klein wenig ablenkte, war die Tatsache, dass am Wegrand alle drei Schritte Spraydosen verkauft wurden. Spraydosen mit telweise süßlichem, teilweise nach Zitronen duftenden, klebrigem, weißen Sprühschaum. Der Großteil der Besucher hatte mindestens eine dieser Spraydosen erstanden und die Leute hatten einen Heidenspaß daran, vorbeigehende mit diesem Schaum zu besprühen, bevorzugt ins Gesicht. Die Schaumschlacht war meist relativ amüsant, nur wenn man es ins Auge oder den offenen Mund bekam verging einem das Lachen manchmal ein wenig...

Wir bestaunten die Parade noch ein wenig, gleichzeitig versuchend möglichst wenig Schaum zu essen und besuchten dann unseren Nachbarn Pablo, der mit seiner Gruppe auch "saltan" würde (saltan heißt springen in dem Kontext war gemeint, dass sie auch einen Auftritt haben würden). Den Eintritt zu den Tribünen, wo man sich setzen und sich die Parade in Ruhe ansehen konnte gönnten wir uns nicht, da wir mit den Jugendlichen unterwegs und es nicht gerade billig war. Auch ohne dessen hatten wir einen wunderbar bunten Abend gehabt und viele schöne Wägen bestaunen dürfen.

Ein weiterer Unterschied zum österreichischen Fasching, welcher mir beim Besuch des Corso aufgefallen war, ist, dass sich die Menschen in Bolivien selbst nicht verkleiden (nur die Teilnehmerinnen des Corso). Dafür gibt es eine andere Tradition und zwar die "trenzas" , kleine Zöpfchen, die aus den Haaren der Mädchen geflochten werden. Es werden jedoch nicht nur die eigenen, sondern auch noch bunte Bänder mit eingeflochten. Da war ich natürlich dabei! Maria Rene verbrachte ganze 3 Stunden damit, mir die Haare zu flechten, das Ergebnis war wunderbar!

En el Barrio - In der Nachbarschaft

Doch nach diesem Samstag war der ganze Spaß noch nicht vorbei, er hatte gerade erst angefangen! Denn in den Tagen des Karnevals sind die Straßen boliviens Schauplatz der erbittertsten Wasserschlachten, denen ich je beiwohnen durfte. Da alle frei haben, vergnügen sich die Menschen damit, vor ihren Häusern Posten zu beziehen und die vorbeigehenden mit Wasserbomben zu bewerfen und mit Wasserpistolen zu bespritzen, manche verwenden auch den oben bereits erwähnten Schaum, oder besondere Farben, welche sehr schwer von Kleidung und Haut abzubekommen sind.

Beteiligt sind dabei jegliche Altersstufen. Von klein bis groß, ob Eltern mit ihren Kindern, oder Jugendliche in kleine Straßenbanden, es beteiligten sich wirklich alle. Außerdem wurde lautstark Musik gehört und Karaoke gesungen.

 

Wir hatten Samstags noch großen Spaß an dem Spektakel, doch schon Sonntag Abend hatten wir einigermaßen genug von den endlosen Wasserschlachten und davon uns dreimal am Tag umziehen zu müssen und nicht mehr ohne Angst außer Haus gehen zu können. Ich werde den Moment niemals vergessen, als Anna mit grimmigen Blick draußen am Waschbecken stand und unsere mit Farbe verschmierten T-shirts schrubbte, um sie von klebrigem Schaum zu befreien. Als sie mich bemerkte schaute sie auf und meinte: "i glaub wir werden de in de nextn Tog nu brauchn."

 

Ich bin schon sehr gespannt, was uns die kommenden Tage noch erwartet...

Wünscht mir Glück!

 

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