Regen in der Wüste
Eine Wüste in einem Nationalpark direkt bei Santa Cruz? Als meine Mitbewohnerinnen und ich das hörten wussten wir sofort: Da müssen wir hin! Doch wie gewöhnlich war es nicht so einfach, unsere Projektleiterin von der Dringlichkeit dieser Angelegenheit zu überzeugen. Wie sich herausstellte war das auch gut so.
Normalerweise sind wir ja bis zu einem gewissen Grad genervt, wenn uns die Bolivianerinnen und Bolivianer sagen, etwas sei "zu peligroso", zu gefährlich, für uns (zu unserer Verteidigung: sie
verwenden dieses Adjektiv für so ziemlich alles...). In diesem Fall ist dem jedoch nicht so, da wir dadurch auf die Idee gekommen waren, einen Ausflug mit der Jugendgruppe gemeinsam zu
machen.
Treffpunkt war um 7:30 im Haus des Segens. Wie zu erwarten war bis dreiviertel acht keine Menschenseele zu sehen. Dann trudelten glücklicherweise nach der Reihe die Jugendlichen ein,
zugegebenermaßen hatten wir uns schon etwas Sorgen gemacht. Ramiro, der Taxifahrer unsres Vertrauens und einer seiner Freunde waren engagiert worden, uns zum Nationalpark zu transportieren. Da
wir im Endeffekt zu zehnt waren (plus die zwei Fahrer zu zwölft) waren wir zu viele für die Taxis und es wurde wieder einmal bolivianisch geschlichtet (einer auf den Schoß, einer in den
Kofferraum und so weiter und so fort). Der Nationalpark in welchem sich die "Lomas de Arena" (= Sandhügel) befinden ist etwa eine Stunde vom Haus des Segens entfernt. Während der Autofahrt, auf
der ich allein war mit lauter Bolivianern, wurde mein Spanisch wieder einmal auf die Probe gestellt.
Wir passierten den Eingang zum Nationalpark wo wir erstmal ausstiegen um Eintritt zu zahlen (10 bs.) und uns einzutragen. Danach hüpften wir für einige weitere Minuten ins Taxi, denn die
Abmachung war, dass uns die Taxis so weit bringen würden wie es für diese möglich war (für die Fahrt direkt bis zu den Lomas hätten wir Jeeps benötigt, da die Strecke immer sandiger wird).
Wir fuhren also bis zu einem kleinen Bach, dann hieß es aussteigen, ab jetzt gehts zu Fuß weiter.
Nach etwa zehn Minuten Fußmarsch bog die ganze Gruppe plötzlich vom Weg ab. Der Grund? Ein Achachairu Baum! Mit dieser uns bis vor kurzem noch unbekannten Frucht haben wir schon einige
Erfahrungen gemacht, sind ihr jedoch noch nie in freier Wildbahn begegnet, also langten auch wir begeistert zu und pflückten uns einige der kleinen orangenen Früchte von den Büschen. Auf dem
weiteren Weg lutschten alle Mitglieder der Gruppe zufrieden auf den Achachairu Kernen herum.
Einen weiteren kleinen Zwischenstopp machten wir, als uns auf unserem Weg eine Kuh entgegen kam und Viviana und Maria Rene sich deshalb ziemlich erschreckten. Wie sich herausstellte handelte es
sich jedoch nicht um einen gefährlichen Stier wie von den Beiden zuerst vermutet, sondern um ein friedliches Tier, welches ohne uns allzu viel Beachtung zu schenken an uns vorbeitrottete.
Das Gehen war relativ beschwerlich, da man mit den Schuhen immer wieder im weichen Sand einsank. Auf Rat der Bolivianer nahm ich daher die Schuhe in die Hand. Endlich wieder mal barfuß!
Als wir in der Nähe des Weges einige Erhebungen erspähten, besiegte uns die Neugierde und wir
erklommen einen der kleinen Hügel. In der Ferne konnten wir schon die großen Sanddünen sehen.
Mit bestärkter Motivation setzten wir unseren Weg fort.
Als es zu tröpfeln begann waren wir Glücklicherweise nicht mehr weit von einem der Unterstände entfernt, welche in einigem Abstand von den Lomas strategisch verteilt aufgestellt waren.
Die Sorgen welche wir uns am Vortag bezüglich des Wetters gemacht hatten erwiesen sich jeoch glücklicherweise als unberechtigt (wir hatten die Sorge gehabt den Ausflug wegen Regens absagen zu
müssen), denn es regnete wirklich nur sehr leicht und im großen und ganzen war das Wetter perfekt für den Ausflug (Wüste bei strahlendem Sonnenschein ist denke ich nicht so lustig). Wir waren
wirklich dankbar für den Regen und die Erfrischung, welche er mit sich brachte.
Eine Abmachung war gewesen, dass jeder der Jugendlichen eine Frucht mitnehmen musste und so packte als alle den Unterstand erreicht hatten jeder die Früchte aus und wir machten Obstsalat. (Zu
meiner großen Freude gb es zwei Schüssel und wir machten eine ohne Papaya!) Eduardo (der Sohn unserer Köchin Martha) packte währenddessen die Gitarre aus und trällerte ein Ständchen nach dem
anderen.
Schließlich hörte es auf zu regnen, wir packten zusammen. Willy, einer der Jugendlichen, welcher uns sehr geholfen hatte den Ausflug zu planen und zu organisieren, wurde leider von Erdwespen
gestochen, doch davon ließ er sich nicht aufhalten und so machten wir uns endlich auf zu den Lomas.
Die letzten anderthalb Stunden waren wir über sandige Straßen und durch hüfthohes Gras gewandert, dann hörte auf einmal alles auf. Vor uns war nur noch Sand. Ein kleiner Wegweiser, welcher vor
den riesigen Sanddünen etwas verloren wirkte war das einzige, was sich noch zwischen uns und den Sanddünen stand. Einen kurzen Moment waren wir alle etwas Sprachlos und staunten nur über die
riesige sandige Mauer, welche sich vor uns aufbaute. Dann stürmten wir los.
Wir erklommen die Sanddünen, alle unglaublich gespannt, welcher Anblick uns oben erwarten würde.
Den anstrengend Aufstieg war der Ausblick auf jeden Fall wert, dieser war nämlich wirklich atemberaubend. Um uns herum erstreckten sich die riesigen Sanddünen und in der Ferne konnten wir Wälder
und kleine Ansammlungen von Häusern erblicken. Wir wanderten staunend über die Sandmassen, genossen den Ausblick, warfen mit Sand um uns, ich rollte sogar ein Stückchen einen der Abhänge
hinunter. Dann hatten die Jugendlichen eine Idee.
Da man nicht alle Tag in einer Wüste ist (selbst wenn sie nur so klein Ausmaße hat) stimmte ich dementsprechend abenteuerlustig zu, als die Jugendlichen anboten mich einzugraben.
No Risk No Fun!
Als wir alle vom durch den Sand stapfen erschöpft waren setzten wir uns zusammen und aßen Brot.
Natürlich spielte Eduardo wieder Gitarre, er hatte es sich irgendwie zur Aufgabe gemacht uns alle zu unterhalten, was ihm recht gut gelang. Auch Anna ließ sich zu ein zwei Liedern überreden. Ich
muss zugeben die Wüsten-Gitarren Kombi hatte wirklich Stil.
Wir machten uns wieder an den Abstieg.
Auf dem Rückweg hatten wir das irrsinnige Glück, dass uns einer der Vorbeifahrenden mitnahm und wir auf der Ladefläche ein gutes Stückchen mitfahren durften. Auf etwa halbem Weg wurden wir
rausgeworfen (vielleicht wegen Eduardos gesinge^^).
Wir bewältigten den restlichen Weg zu Fuß, die meiste Zeit lautstark singend. Wir wurden überredet, deutsche Lieder zu singen und da uns nichts besseres einfiel, sangen wir das Jungscharlied. Die
Jugendlichen waren begeistert und fingen an zu tanzen.
Auf dem Hinweg hatten wir den Jugendlichen einige deutsche Wörter beigebracht. Besonders Eduardo war sehr begeistert und rief alle fünf Minuten: "Gema schnell, bitte!" Dies erwieß sich als recht amüsant, als wir einigen deutschen Mädchen begegneten. Auf Eduardos enthusiastisches: "Grüß Gott!" antworteten sie leicht irritiert mit "Hallo?" Eduardo schien sehr zufrieden mit sich zu sein.
An dem Ort wo uns Ramiro aussteigen hatte lassen angekommen, machten wir eine Pause. Wie immer wurde gejausnet, diesmal gab es Kuchen, welchen Maria Rene und ihr Bruder Gabriel für uns mitgebracht hatten und wir spielten noch einige Spiele, bevor wir uns noch ein Stückchen weiter schleppten, um unter dem Schatten eines Baumes zu warten.
Zu guter Letzt muss ich ein riesengroßes Lob für die Jugendgruppe aussprechen.
Die Gruppe ist sehr toll. Alle sind lustig, hilfsbereit, unkompliziert. Wenn etwas erledigt werden muss packen alle mit an. Auch die Leiterin der Jugendgruppe wird von den Jugendlichen auf Händen
getragen (buchstäblich). Obwohl sie ein relativ großer Altersunterschied von uns trennt ist sie immer bei jedem Spaß dabei. Jeder ist willkommen, Anna, Marie und ich fühlen uns in der Tat als
würden wir die lustige Truppe schon ewig kennen. Vor allem da die Jugendlichen alle älter sind als wir war es schön, dass sich alle an unsere Regeln gehalten haben. Noch viel schöner war aber,
wie viel Spaß wir gemeinsam gehabt hatten.
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Oma und Opa (Freitag, 01 Dezember 2017 23:39)
Herzlichen Dank für deine wunderbaren Berichte. Wir freuen uns über jeden und lesen ihn mit Begeisterung. Und wir haben das Gefühl, dass es Euch gut geht.
Auch das Buchstabenrätsel haben wir gelöst:
F A M U N D I
Liebe Grüße!
Oma und Opa
Kathi (Samstag, 02 Dezember 2017 02:45)
Immer gerne! :)
Freut mich sehr, dass ihr mitlest und vor allem auch, dass ihr mir mitteilt, dass es euch gefällt. :D
Ja, es geht uns wirklich sehr gut, obwohl wir gerade echt ein bisschen im Stress sind mit Weihnachten.
Sehr gut! Wir haben uns bemüht!
Liebe Grüße,
Kathi
Gottfried Wurm (Montag, 04 Dezember 2017 18:57)
Tolle Fotos, toller Ausflug! Bolivien hat viel zu bieten! Super Idee solche Ausflüge mit der Jugendgruppe zu machen. Bisschen aufpassen würde ich dennoch empfehlen, denn z.B. Klapperschlangen könnte es dort durchaus geben. Wir haben nämlich eine bei einer Wanderung in der Nähe von Cochabamba nicht nur gesehen sondern sogar das Klappern erlebt, sodass wir schnell Reißaus nahmem. Ohne Antonio (indigeno) wären wir aber auch niemals so nahe an die Schlange heran gegangen. Vielleicht könntet ihr einmal mit einem guide eine Nationalparktour machen, sie wissen sehr viel und sind auch nicht teuer. Wünsche dir / euch noch viele schöne Erlebnisse! Gottfried