Das Fest der Kindergärten
Wieder ist es Freitag und wieder mussten wir Volos unseren traditionell am Freitag stattfindenden Wüstentag auf Samstag verschieben.
Und wer verleitet uns dazu Schweigen und Zurückgezogenheit gegen viele neue Erfahrungen und vor allem viel Essen zu tauschen? Die Tías aus der guarderia (Kindergartentanten)! Bereits eine Woche
nach dem vorherigen Fest, welches in der guarderia stattfand packten wir also unsere
"Viva Santa Cruz" T-shirts wieder aus. Dieses Mal jedoch waren keine Kinder mit von der Partie,
sondern es handelte sich um ein Fest aller Kindergärten.
Das Abenteuer begann mit einer ziemlich wilden Taxifahrt (Wir waren natürlich zu siebt im Taxi, sonst wäre es ja auch langweilig gewesen). Während ich die kuschelige Taxifahrt (zumindest im
Vergleich zu Indien) als ganz angenehm empfand, verfärbten sich die Gesichter von Anna und Marie während der Fahrt zu einem immer blasseren Hautton, denn der Fahrstil unseres Fahrers war nicht
gerade sachte.
Als wir endlich in der Stadt angekommen waren, gesellten wir uns in einen Park, in dem schon unzählige Pavillons in einem Rechteck aufgestellt waren.
Unter den Pavillons wurden, Stand neben Stand, die verschiedensten Kindergärten aus den unterschiedlichsten Regionen von Santa Cruz präsentiert. Bei einem Fest, welches von Kindergärtnerinnen für
Kindergärtnerinnen ist, einem so wie ich sie kennengelernt habe unglaublich kreativen, fürsorglichen aber auch bis zu einem ungesunden Maß perfektionistischen Völkchen, ist es wohl
vorprogrammiert, dass es zu einem Dekorationsüberschuss kommt. Wie erwartet waren alle Stände bis zum zerbersten überladen mit Plakaten und Girlanden, Luftballons und Luftschlangen und natürlich
vor allem: viiiel GLITZER!
Wie es so die bolivianische Art ist, waren wir etwa eine halbe Stunde zu spät dran und die anderen Tías hatten schon ohne uns aufgebaut. Wir hatten deshalb genug Zeit, um mit Angelika, einer der Tías (und der Tochter unserer Köchin Martha) eine Runde zu drehen und uns die Stände anzusehen. Dabei kam ich in den Genuss einer von Kindergärtnerinnenhänden angefertigten Flechtfrisur. Während unseres Rundgangs entdeckten wir außerdem zwei Mädchen, welche wie wir aus der Menge herausstachen. Sie waren (im Verhältnis) unübersehbar groß. Da wir hier in Bolivien noch niemanden aus Europa getroffen hatten, sprachen wir sie kurzerhand an. Wie sich herrausstellte handelte es sich um einen Teil einer Gruppe von deutschen Mädchen, welche von der Organisation "christliche Dienste" aus ebenfalls in Kindergärten in Santa Cruz arbeiteten. Wir unterhielten uns eine Weile, tauschten Erfahrungen aus (sie waren schon zweieinhalb Monate hier, wir erst zweieinhalb Wochen, also erzählten eher sie und wir hörten zu...). Beunruhigenderweise berichteten sie von einigen tierischen Mitbewohnern (Vogelspinnen, Kakerlaken und vieles mehr) von denen ich nur hoffen kann, dass wir ihre Bekanntschaft nicht machen werden. Wir tauschten Kontakte aus und gingen dann wieder unserer Wege, während unseres Gesprächs hatte sich nämlich schon eine Horde Schaulustiger hinter uns angesammelt, welche die folgenden Tanzeinlagen bestaunten. Wir kehrten also zu unseren Tías zurück und schauten uns mit ihnen gemeinsam die Einlagen an. Danach war es soweit, der Augenblick, auf den alle gewartet hatten!
Jeder Stand beherbergte nämlich nicht nur Plakate und Deko, sondern jeder Kindergarten hatte auch eine Unmenge traditioneller bolivianischer Speisen zubereitet! Wir kämpften uns also durch die
Menschenmassen und schnappten uns hier und da etwas von dem Essen. Das ganze transportierten wir dann zurück zu unserem Stand, wo alles auf zwei Gartensesseln platziert wurde. Als alle ihr Essen
zusammengehamstert hatten, versammelten wir uns um die Gartenstühle und es wurde verkostet. Es war wirklich alles mögliche und unmögliche dabei. Von Polenta, über Yuca und Kochbananen zu
Empanadas und frittiertem Fisch. Die Auswahl war recht groß. Unser Favorit war der Milchreis, welchen es bei unserem Stand gab. Nach, beziehungsweise während dem Essen gab es weitere
Aufführungen, es wurde auch Sack gehüpft und seilziehen gespielt.
In kindergärtnerlicher Emsigkeit wurde unser Stand dann wieder zusammengeräumt, die übrig gebliebenen Plastigschälchen mit Essen nach bolivianischer Art sicher in schwarze Müllsäcke verpackt (zum
mit nach Hause nehmen, nicht zum wegwerfen, Bolivianerinnen packen irgendwie alles in Müllsäcke ein) und dann quetschten wir uns wieder in ein Taxi. Die Fahrt nach Hause war ähnlich amüsant, wie
die Hinfahrt. Wir waren wieder zu siebt. Zurück im Kindergarten aßen wir alle noch etwas Milchreis und gingen dann nach Hause.
Wir hatten wirklich einen wunderbaren Tag. Die Tías sind alle seehr sehr nett und außerhalb des Kindergartens, ohne Kinder, welche es zu betreuen gäbe, hatten wir sogar noch mehr Spaß als sonst!
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Brigitte (Sonntag, 01 Oktober 2017 12:33)
He, nette Frisur ;-)...mal was ganz anderes!
Oma und Opa (Dienstag, 03 Oktober 2017 22:58)
Liebe Kathi,
wir lesen mit Genuss deine lebendigen Berichte über dein Leben und Arbeiten. Wir hoffen, dass ihr bei den vielen Feiern und Besuchen tatsächlich auch zum Arbeiten kommt und den Wüstentag nicht zu oft schwänzen müsst. Bei euch ist ja jetzt Frühling, bei uns aber war heute ein grauslicher Herbsttag. Im Garten gibt es aber immer noch viel zu tun. Dabei sind wir ständig von unserer Hühnerschar begleitet. Zu Lady Gaga und Hennriette haben wir ja 2 weitere dazubekommen von denen eine hinkt. Sie hat daher den Namen "Hupferl" bekommen. Nach anfänglichen Reibereien haben sie sich aneinander gewöhnt und legen brav. Auch das anfangs stark gemobbte Hupferl behauptet nun ihren Platz. Dein Schwesterchen ist jetzt fast täglich mit Papa bei uns, da sie sich an uns gewöhnen soll, weil wir sie am Donnerstag vormittags betreuen dürfen.
Liebe Grüße!
Oma und Opa
Kathi (Dienstag, 03 Oktober 2017 23:57)
Vielen Dank Brigitte!
Ich war sehr begeistert, ist mal ganz angenehm freien Blick zu haben ;)
Liebe Oma, lieber Opa, vielen Dank, dass ihr mich ein bisschen auf dem Laufenden haltet! :) Natürlich arbeiten wir auch brav und der Wüstentag wird ja nur verschoben und nicht geschwänzt. Bei uns ist Frühling, in der Tat, wobei man jedoch hinzufügen muss, dass sich der Frühling hier sehr anders gestaltet als zu Hause. Tage mit Temperaturen um die 20 Grad (laut den Bolivianern seeehr kaaalt) wechseln sich ab mit Tagen um die 35 Grad. Dazu gibt es oft sehr sehr starken Wind. Wenn es regnet wird das Leben hier ganz aus dem Konzept geworfen. Dann haben wir frei oder arbeiten alle drei im Hort und niemand im Kindergarten (weil der Kindergarten weiter weg ist).
Wie schön, dass ihr Neuzugang habt in eurer Hühnerschar, die Leute hier haben auch viele Hühner, diese sind jedoch viel kleiner und schlanker als wir es von zu Hause gewöhnt sind. Die Mutter der Familie die wir heute besucht haben erzählte uns, dass ihre Hühner in den Bäumen schlafen und dass ihr deshalb beim Wäsche aufhängen einmal ein Ei auf den Kopf gefallen ist!
Umarmt die kleine Magdalena einmal von mir!
Ich vermisse euch schon,
liebe Grüße,
Kathi