Zurzeit gibt es noch nicht wirklich viel zu erzählen, ich schreibe trotzdem, weil ich Lust dazu und derzeit noch nicht viel anderes zu Tun habe. Hoffentlich wird es in ein paar Wochen ein bisschen spannender für euch, bis dahin viel Spaß mit meinen ersten Erfahrungen...
Ich werde mein Auslandssemester in Leuven absolvieren, davor lege ich aber noch einen anderen Stopp ein, nämlich Brüssel. Das hat ganz praktische Gründe, denn mein Zimmer in Leuven wird erst ab Anfang Februar frei.
Ein größerer Sorgenpunkt war die Frage, ob, beziehungsweise unter welchen Einschränkungen, die Einreise nach Belgien möglich sein wird. Ich habe mich dazu in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder informiert, denn viele der Bestimmungen ändern sich laufend. Aktuell müssen Einreisende einen negativen PCR-Test vorweisen und ein Passagier-Lokalisierungsformular ausfüllen, in dem furchtbar kreative Fragen gestellt werden, wie: Wie wichtig ist Ihnen Hände waschen, oder: Tragen Sie einen Mund-Nasen-Schutz? Die einzige Herausforderung dabei ist, dass der PCR-Test nicht älter als 72 Stunden sein darf und das Formular innerhalb von 48 Stunden vor der Ankunft ausgefüllt werden muss. Sind all diese Formalitäten aus dem Weg, müssen Reisende, die aus einer roten Zone kommen in Quarantäne. Diese dauert mindestens sieben Tage, am siebten kann man sich Freitesten.
Am Donnerstag morgen ging die Reise schließlich endlich los. Mein Papa brachte mich zum Bahnhof in Wels und von dort nahm ich den ICE nach Frankfurt, wo ich eine Stunde Aufenthalt hatte, bevor es in einem weiteren ICE Richtung Brüssel ging. Die Reise verlief sehr unspektakulär. Die Züge waren großteils menschenleer, nur auf dem Abschnitt zwischen Frankfurt und Köln wagten sich ein paar mehr Mitreisende in meinen Wagen.
Als ich endlich ankam, wurde ich mit Regen begrüßt. Es dämmerte schon und da auf dem brüssler Bahnhof, wie wohl auf jedem anderen auch, abends einige zwielichtige Gestalten herumlungern, machte ich mich schnell auf den Weg nach draußen. Ich folgte den Schildern, die einen Busbahnhof und Taxis ankündigten. Trotz der Schilder musste ich einige Runden drehen, bis ich endlich einige Autos mit vielverpsrechenden Leuchtaufschriften sichtete. Ich dankte meinem Vater tausendfach, der mir bei der Abreise dazu geraten hatte ein Taxi zu nehmen, da ich wohl überfordert gewesen wäre mit der Aufgabe das Bussystem zu entschlüsseln. Im zähen Abendverkehr krochen wir durch die Stadt, bis wir schließlich in der richtigen Straße ankamen. Der Taxifahrer half mir noch mit meinem immens schweren Koffer, dann brauste er davon. Ich läutete an der Haustür und wurde von Marc begrüßt, der mit mir gleich einen kleinen Rundgang durch die Wohnung machte und sich als überaus gesprächig herausstellte. Nach wenigen Minuten war klar, dass Marc ein netter, aber auch ziemlich schräger Vogel ist. Er ist um die sechzig und kommt ursprünglich aus Paris. Obwohl er gelernter Ingenieur ist, verdient sein Geld mit Wetten im Internet und träumt davon Millionär zu werden und in ein steuerfreies Land auszuwandern. Er hat ziemlich interessante Ansichten was Corona angeht und auch die Art und Weise wie er Essen kocht ist speziell, er kocht laut eigener Angabe fast alles mit der Sous-vide Methode (das heißt er vakuumiert das Essen und kocht es bei einer konstanten Temperatur, die je nach Zutat variiert. Heute gibt es Fisch, der bei genau 50 Grad gekocht wird).
Ich wurde schließlich von Marcs Redeeifer erlöst, denn er bekam Besuch von einem Freund. Nachdem ich nach der langen Reise schon ziemlich müde war, beschloss ich nach einem kurzen Gespräch mit meiner Familie schlafen zu gehen und weiteres Entdecken auf den kommenden Tag zu verschieben.
Mein zweiter, beziehungsweise erster wirklicher Tag in Brüssel begann mit einem vielbeschäftigten Marc, der, als ich um halb neun nach oben geschlürft kam, schon das Frühstück hergerichtet hatte und sich einen Vortrag über Online-Wetten anhörte (ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht viel neues dazulernte, denn er hatte mir bereits alles, was in dem Vortrag erwähnt wurde, gestern erklärt).
Soweit ich den Unterschied zwischen Quarantäne und Isolation in Belgien verstanden habe, darf man bei der Quarantäne - im Gegensatz zur Isolation - für notwendige Erledigungen nach draußen. Nachdem ich meine Ernährung als notwendig empfinde machte ich mich nach dem Frühstück also auf dem Weg nach draußen, ausgestattet mit einer von Marcs Einkaufstaschen und einer halbwegs brauchbaren Wegbeschreibung. Nach meiner Rückkehr hatte ich ein Zoom-Gespräch mit einem meiner Lehrenden aus Linz, Marc war in der Zwischenzeit verschwunden. Bald darauf klärte sich dann das Mysterium, wann mein temporärer Mitbewohner eigentlich schläft (er war gestern noch auf, als ich ins Bett ging und heute morgen war um 6:30 schon etwas zu hören..). Ich hatte angenommen, dass er das Haus verlassen hatte, doch er kam am frühen Nachmittag nach oben getrottet und gähnte herzhaft, woraus ich schloss, dass er wohl Schlaf nachgeholt hatte. Ich freundete mich ein bisschen mit Marcs Katze Berlin an und beschloss dann endlich produktiv zu werden und mich der Seminararbeit zu widmen, die ich mir für die Quarantänezeit vorgenommen hatte. Es kam dann jedoch anders als erwartete, denn Marc verwickelte mich in einen Vortrag über Demokratie und Kapitalismus in dem er mir erklärte, dass eigentlich sowieso so ziemlich alle zu dumm für Demokratie seien und dass die meisten dank ihrer eigenen Dummheit ein schlechtes Leben hätten - danke für diese Erleuchtung Marc. Das Highlight des Nachmittags fand ich schließlich in Marcs Reiskocher (die Teile sind echt praktisch!). Marc verschwand, nachdem er mich ausreichend über den Niedergang Europas belehrt hatte, wieder in seinem Zimmer und Berlin und ich machten uns noch einen netten Nachmittag. Abends schauten Marc und ich dann noch Pink Panther und hörten uns Marcs Lieblingslieder von den Beatles an, wozu er hoch motiviert Blockflöte spielte.
Hinterlasst mir gerne einen Kommentar. Was soll ich in Brüssel/Leuven erkunden? Was interessiert euch an Belgien/am Studieren im Ausland? Was gibt es zu Hause neues? Eigentlich egal was.. ich bin sieben Tage in Quarantäne und mir ist jetzt schon langweilig! :'D